Krebs zerrt mich aus dem normalen Leben. Krankgeschrieben habe ich auf einmal Unmengen Zeit, mir über das Leben Gedanken zu machen. Und insgeheim betreibe ich so etwas wie Ursachenforschung. Zu viel Stress? Zu ungesund gelebt? Zu wenig auf mich geachtet? Hm...
Ich denke, dass die Krankheit - wenn ich sie überlebe - Konsequenzen haben wird. So weitermachen wie bisher will ich nicht mehr. Es muss sich etwas ändern. Mehr Genuss und weniger Druck, mehr Zeit für schöne Dinge und weniger Eile, mehr hinschauen und weniger abwinken... so in der Art. Es wird sich finden.
Weihnachtszeit 2018
Zu Bewusstsein kommt auch, wie wichtig Familie ist. Es sind nur wenige Menschen, denen ich in den Wochen der Chemo real begegnete. Meinen Sohn und seine Freundin, meine Eltern, meiner Schwester. Den Rest vermisste ich schon - besonders an Weihnachten war es so. Drei Kinder gibt es in der Familie, die zusammen war am zweiten Feiertag. Ein Kind ist 2, eines 3 und eines 4 Jahre alt. Sie sind es, die Weihnachten zu besonderen Tagen werden lassen. Ohne Kinder ist das Fest nicht halb so schön.
Aber auch 2019 wird es Weihnachten geben und zahlreiche andere Familienfeste. Dann sehe ich alle wieder - in echt, nicht über Whatsapp - obwohl der kleine Film sehr schön war!
Nicht die Diagnose bringt die Menschen um, sondern die Prognose
So gesagt von einer meiner Schulleiterinnen. Darüber habe ich nun lange nachgedacht. Ich hatte auch nachgefragt, wie stehen denn meine Chancen, wie große ist die Überlebenswahrscheinlichkeit... wobei - auf welchen Zeitraum bezieht man das denn? 5 Jahre? 10? Oder mehr?
Und wenn man das dann weiß, was macht man mit dem Wissen? Kämpft man noch mehr? Lässt man sich hängen? Gibt man auf? Erlebt man noch mal eine Reise oder was auch immer sehr intensiv?
Inzwischen denke ich, dass es nicht sinnvoll ist, wenn man weiß, wie lange man noch zu leben hat. Das ist eine Information ohne Wert. Denn selbst wenn man den Krebs besiegt, kann man bei einen Unfall sterben oder an ein Herz-Kreislauf-Leiden oder oder oder...
Danke!
...sagen möchte ich allen, die mich seither begleiten.
Einerseits den Frauen, die ebenfalls an Krebs erkrankt sind/waren, SH, AT, AG, KB, AD. Sie machen mir Mut! Sie bereiten mich vor auf das, was ansteht und halten mich vom Googeln ab.
Auch EM, die mit mir die Diagnose erhielt und mit der ich seither im engen, vertrauensvollem Austausch stehe.
Und den vielen Menschen, die sich für mich und mein Schicksal, meine Krankheit interessieren. Dass so viele Anteil nehmen, hätte ich niemals vermutet. Ich erlebe daher diese eigentlich schlimme Situation auch sehr aufgefangen, begleitet. Menschen, mit denen ich wenig oder fast nichts zu tun hatte, melden sich und sprechen mit Mut zu. Sogar der Pfarrer FL bot sich zu einem Gespräch an, das sehr tiefgründig war und dem Denken eine andere Richtung gab. Und allein, dass so viele den Kontakt suchen, finde ich sehr bereichernd und schön.
Euch allen gilt mein Dank!